DIGITALISIERUNG | Der Allmendhof und die Digitalisierung
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Ein grosser Umbau steht an, verschiedene Systeme bedürfen einer Aktualisierung, und die ICT-Strategie steht vor der Finalisierung: der ideale Zeitpunkt, um die Digitalisierung am Allmendhof voranzubringen. Die operative Leiterin, Tina Werro, gibt Einblick in Überlegungen und Entwicklungen.
Die Digitalisierung ist gleichzeitig eine Chance und eine Herausforderung für alle Institutionen – die jeweiligen Rahmenbedingungen sind jedoch unterschiedlich. Wie geht ein kleinerer bis mittlerer Betrieb mit den Entwicklungen um? Die Zentrum Allmendhof AG in Männedorf ist eine Alters- und Pflegeinstitution, zu der ungefähr 50 Pflegeplätze und zusätzliche Seniorenwohnungen gehören. Der Allmendhof ist dabei, einige Schritte im Bereich IT und Digitalisierung vorwärts zu machen.
«Es gibt mehrere Gründe, dass wir uns derzeit intensive Überlegungen dazu machen», erklärt Tina Werro, die operative Betriebsleiterin. 2020 wurde der Allmendhof, das Altersheim der Gemeinde Männedorf, in eine gemeinnützige AG überführt. In diesem Zusammenhang erarbeiteten die Verantwortlichen eine neue Gesamtstrategie. Die ICT-Strategie wurde in einem nächsten Schritt angegangen und soll bald finalisiert werden. Sie sieht eine weitreichende Unterstützung der Prozesse durch Digitalisierung vor. Die Entwicklung der ICT-Strategie wurde extern begleitet von der Sevida GmbH. Diese hilft auch bei der Auswahl eines neuen IT-Dienstleisters mit, denn der bisherige IT-Support wird wegen Pensionierung auslaufen. Dazu kommt, dass auch neue, weitreichendere Software-Lösungen nötig sind, denn «seit der Einführung des elektronischen Patientendossiers, zusätzlicher gesetzlicher Vorgaben und weiterer Entwicklungen haben wir uns auf den Weg gemacht in Richtung mehr Digitalisierung», so Werro. Ein weiterer Treiber der Entwicklung ist der geplante Neubau mit drei Gebäuden für verschiedene Wohnformen. Die Anzahl der Pflegeplätze bleibt bestehen und wird ergänzt durch zusätzliche Studios und Wohnungen mit ambulanter Pflege und einem erweiterten Dienstleistungsangebot. Die Neubauten sollen zukünftige IT-Anforderungen ermöglichen und entsprechend so gebaut werden, dass auch neue Systeme funktionieren. «Den Reinigungsraum beispielsweise müssen wir gross genug planen, damit ein allfälliger Putzroboter wirken könnte – es braucht also genug Platz für eine Andockstation und eine Vorrichtung für das Schmutzwasser», erklärt Tina Werro. Ein weiteres Beispiel seien die Leitungen, bei denen auch ein zukünftiger grösserer Bedarf berücksichtigt werden soll.
Entlastung bei Routineaufgaben
Die Betriebsleiterin sieht in der Digitalisierung grosses Potenzial zur Erleichterung und Unterstützung von Aufgaben – die grosse Herausforderung seien die damit verbundenen Kosten. «Wir hatten bisher eine schlanke IT, diesen pragmatischen und kostenbewussten Ansatz wollen und müssen wir weiterverfolgen», so Tina Werro. «Das Ziel ist, unsere Prozesse zu optimieren und möglichst effizient zu gestalten, damit in Zeiten von Fachkräftemangel das Personal dort eingesetzt werden kann, wo es den Menschen braucht, wo es um die menschliche Beziehung geht», sagt sie. Die Geschäftsleitung überlege entsprechend, welche technologischen Lösungen welche Aufgaben erleichtern und so das Personal entlasten können. Im administrativen Bereich geht es laut Tina Werro hauptsächlich um die elektronische Pflegedokumentation, die Software für Rechnungen, die Bewohnerverwaltung und den Personaleinsatzplan. «Da verwenden wir noch ältere Versionen, es gibt Verbesserungsmöglichkeiten, die wir prüfen», sagt Werro. Die Systeme seien teilweise nicht kompatibel, sodass Daten doppelt eingegeben werden müssen. «Wir suchen entsprechend eine gut erprobte Software aus einem Guss, welche die Prozesse vereinfacht», sagt Werro. Das Rechnungswesen sei aktuell noch zu kompliziert und zu aufwendig. Auch beim Personaleinsatzplan gebe es neuere Programme, die einfacher funktionierten und die Wünsche der Pflegenden besser berücksichtigten. «In einigen Bereichen holen wir also noch auf, in anderen haben wir bereits Lösungen gefunden, die sich bewähren», sagt Werro.
«Den Reinigungsraum müssen wir gross genug planen,damit ein allfälliger Putzroboter wirken könnte.»
Tina Werro
Interne App und Berichte-Bot
Dazu gehört die interne Kommunikation des Allmendhofs, die seit zwei Jahren über die Mitarbeitenden-App der Schweizer Firma Involve läuft. «Wir kommunizieren neue Eintritte, wichtige Informationen der Geschäftsleitung, Anmeldungen fürs Personalessen oder Umfragen via App», erläutert Werro. Einige Mitarbeitende loggen sich via PC ein, andere haben die App aufs private Handy geladen. «Das hatte zur Folge, dass Handys bei der Arbeit nicht mehr grundsätzlich verboten sind und wir Anweisungen für den Gebrauch von Handys erlassen haben», erläutert Tina Werro den Nebeneffekt der Mitarbeitenden-App.
Bei der Entwicklung eines sogenannten Bots, eines Programms zur Unterstützung von automatisierten oder repetitiven Aufgaben, haben Pflegekräfte des Allmendhofs mitgewirkt, indem sie halfen, das Programm zu «trainieren». Bei diesem Projekt der Oase Health Solutions, die sich dafür einsetzt, mittels Nutzung von Technologien die administrativen Prozesse in der Langzeitpflege effizienter zu gestalten, geht es darum, verschiedene Schweizer Dialekte und Deutsch mit Fremdsprachakzent zu erkennen. Das Ziel ist, dass die Pflegenden ihre Berichte mündlich einsprechen können, worauf der Bot das Gesagte in korrektes Deutsch übersetzt und am richtigen Ort ins System eingibt.
Digitale Lösungen ermöglichen es, effizienter zu arbeiten, um damit mehr Zeit zu haben für die eigentlichen Pflegeaufgaben in Form von Aufmerksamkeit für die Bewohnenden. Ausserdem erlauben es die Programme, ungeliebte und zeitaufwendige Routineaufgaben abzugeben, und das erst noch mit weniger Fehlern. Die Herausforderung ist laut Tina Werro, dass das nötige Know-how intern nicht vorhanden ist und deshalb externe Unterstützung gebraucht wird. Die hohen Kosten der neuen technologischen Lösungen setzen zudem gewisse Grenzen. Tina Werro hat etwa gemerkt, dass es schnell teuer wird, wenn Künstliche Intelligenz eingesetzt wird.
Zukunftsmusik: Arbeiten mit Robotern
Und wie sieht es aus mit dem Einbezug der Mitarbeitenden? «Für die ICT-Strategie hat die begleitende Firma Umfragen gemacht bei den Mitarbeitenden der verschiedenen Stufen», sagt Werro. Es ist ihr wichtig, gerade auch nicht so technikaffine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ins Boot zu holen, indem sie die Vorteile der digitalen Lösungen aufzeigt. Tina Werro war positiv überrascht, als beim «Bot-Training» auch Pflegende mitmachten, die sonst nicht speziell digital unterwegs sind, weil sie den Vorteil sahen, die eine Sprach-Text-App bringt.
Wenn sich Tina Werro vorstellt, wie es in Zukunft in den neuen Gebäuden zu- und hergehen könnte, ohne Einschränkung durch die Kosten, sieht sie vor dem inneren Auge durchaus Roboter im Einsatz: den bereits erwähnten Reinigungsroboter etwa oder einen Service-Roboter, der schmutziges Geschirr abräumt oder bei der Medikamentenverteilung in den Zimmern hilft. Sie erzählt, dass sie an Kongressen auch schon Aktivierungs-Roboter erlebt hat, die Rätsel, Quiz und Turnübungen durchführten. Dazu gebe es unterschiedliche Meinungen und Erfahrungen, deshalb müssten diese Roboter einmal selber getestet werden.
Welches sind die wichtigsten Erkenntnisse bei den aktuell laufenden Digitalisierungsprozessen, die vielleicht auch für andere Institutionen hilfreich sind? «Das Wichtigste ist meiner Erfahrung nach, sich externe Hilfe zu holen bei einer Firma, die Ähnliches schon durchgeführt hat und die besten aktuellen Lösungen auf dem Markt kennt», ist Werro überzeugt. Man solle nicht den Fehler begehen, alles allein machen zu wollen. Und ebenso wichtig: Sich nicht erschlagen lassen von der Fülle an Anforderungen und Angeboten – alles aufteilen in kleine Schritte und sich Zeit lassen, damit es wachsen kann.
Foto: Allmendhof