POLITIK | Die Förderung einer qualitativ hochwertigen familienergänzenden Kinderbetreuung ist zum Greifen nah
Die Unterstützung der Kinderbetreuung durch den Bund könnte schon bald Realität werden. Alle werden davon profitieren: Kinder, Eltern, Gesellschaft, Wirtschaft. Das aktuelle Projekt des Parlaments ist gut gestaltet. Damit es griffig ist, bedarf es noch einiger gezielter Ergänzungen.
Ein altes Projekt bekommt endlich Konturen
Schon lange wird im Bundesbern eine bessere Unterstützung der Kinderbetreuung und -förderung durch geeignete familienergänzende Strukturen diskutiert. Einzig zählbares Resultat bis heute ist die provisorische Anschubfinanzierung durch den Bund, die immer wieder verlängert wird. Nun soll das Dispositiv durch das Parlament beflügelt und im Gesetz verankert werden.
Zum Wohl der Wirtschaft – und der Kinder
Das neue Bundesgesetz soll die Erwerbstätigkeit der Eltern unterstützen – und dem Arbeits- und Fachkräftemangel entgegenwirken. Im Grundsatz wird das Vorhaben von weiten Kreisen geteilt, da sich in Bezug auf Konsum, Investitionen, Sparen und Steuereinnahmen positive Effekte ergeben werden. Und auch, weil das neue Werk mit Förderinstrumenten flankiert werden soll, um die Chancengleichheit der Kinder – mit und ohne Behinderungen – zu verbessern. Gerade deswegen unterstützen ARTISET und den Branchenverbänden YOUVITA und INSOS das Projekt ausdrücklich.
Trotz Gegenwind immer auf Kurs
Auch wenn die «fetten» Jahre vorbei sind und der Bund sich bei diversen Aufgaben zurückziehen will, hat das Vorhaben gute Erfolgschancen: Sowohl die vorbereitende Kommission des Ständerats (WBK-S) als auch der Bundesrat wollen trotz der Diskussionen um ein Entlastungsprogramm am Grundsatz einer Anstossfinanzierung für die familienergänzende Kindebetreuung nicht rütteln. Die WBK-S legt jetzt eine überarbeitete Vorlage vor: Mit der Einführung einer neuen Betreuungszulage ist ein Finanzierungsmechanismus jetzt vorgesehen, der den Bundeshaushalt kaum belastet. Dafür braucht es von den Arbeitgebern eine grundsätzliche Bereitschaft, die Kosten der Ressource «Arbeit» zu steigern.
Ein guter Weg, der ausgebaut werden sollte
Gleichzeitig machen ARTISET, YOUVITA und INSOS auf das Risiko aufmerksam, dass mit einer Finanzierung über Zulagen der Arbeitgeber für die Kantone keine Anreizen mehr bestehen, ihre eigenen Investitionen zu erhöhen. Einzelne Kantone könnten versucht sein, ihre eigene Unterstützung zurückzufahren – wodurch es zu einem Nullsummenspiel käme. Eine flankierende Finanzierung durch den Bund würde im Gegenteil die Einführung eines Bonus-Malus-Systems leicht durchführbar machen.
Betreuung konsequent ausgestalten
Dass gemäss jüngstem Vorschlag der WBK-S nur Familien mit Kindern bis zum 8. Altersjahr von einer Betreuungszulage profitieren können, ist aus Sicht von ARTISET, YOUVITA und INSOS nicht realistisch: Von Kleinkindern kann doch nicht erwartet werden, dass sie sich selbst betreuen! Die neue Betreuungszulage sollte im Einzelfall bis zur Vollendung des Schulobligatoriums ausgerichtet werden können.
Die Qualität darf nicht auf der Strecke bleiben
Mit Rücksicht auf die aktuellen finanzpolitischen Umstände ist aus Sicht von ARTISET, YOUVITA und INSOS akzeptabel, dass das Projekt einen bescheideneren Umfang entfachtet als in seinem ursprünglichen Entwurf. Doch gibt es einen nicht hinnehmbaren Schatten auf der Tafel: Die WBK-S will die Qualitätsentwicklung aus der Vorlage kippen – und diese Aufgabe den Kantonen zuschieben. ARTISET, YOUVITA und INSOS wenden sich gegen einen solchen Schritt: Ohne Qualitätssicherung riskiert die familienergänzende Kinderbetreuung viel von ihrer Bedeutung für die Entwicklung der Kinder zu verlieren – und Eltern davon abzuhalten, ihre Kinder den Betreuungseinrichtungen anzuvertrauen.
Es braucht den Willen zu mehr Weitsicht
Die Kinderbetreuung durch geeignete familienergänzende Strukturen stellt sowohl gesellschaftlich als auch volkswirtschaftlich eine unentbehrliche Investition in die Zukunft dar. Sie muss mit Weitsicht angegangen werden, da der Investitionsrückfluss nur längerfristig wahrnehmbar sein wird. Es geht darum, die Schweiz von morgen durch die Förderung von Eltern und Kindern zu stärken – auch wenn langfristige Perspektiven oft nur schwierig mit den kurzfristig angelegten politischen Agenden in Einklang zu bringen sind.