MEDIENMITTEILUNG | Empfehlungen für verbesserte Rahmenbedingungen in der stationären Langzeitpflege
Aufgrund der Erfahrungen mit der Coronapandemie in der stationären Langzeitpflege sieht ein nationales Expert:innenkomitee insbesondere auf der Seite von Bund und Kantonen Handlungsbedarf. ARTISET und ihr Branchenverband CURAVIVA unterstützen die Empfehlungen des Komitees. Sie fordern die zuständigen Akteure zu raschem Handeln auf, um die Rahmenbedingungen für Alters- und Pflegeheime nachhaltig zu verbessern und die seit Jahren bekannten strukturellen und finanziellen Mängel zu beheben.
Auf Anregung der Swiss National Covid-19 Science Task Force analysierte ein nationales Expert:innenkomitee, in dem auch Vertreter:innen von CURAVIVA mitgewirkt haben, Rahmenbedingungen und Herausforderungen in den Alters- und Pflegeheimen (APH) und erarbeitete eine Reihe von Empfehlungen. Diese richten sich an Bund und Kantone, Verbände, Ausbildungsinstitutionen und Fachgesellschaften. Die gemachten Aussagen und Empfehlungen sind weniger pandemiespezifisch, sondern grundsätzlicher Art und bringen die strukturellen und finanziellen Defizite auf den Punkt. Die vor allem an Bund und Kantone gerichteten Empfehlungen entsprechen den seit Jahren geäusserten Forderungen von ARTISET und CURAVIVA.
Ganzheitliche Dienstleistungen von APH als Wohn- und Lebensort sicherstellen
APH bieten vulnerablen, oft mehrfach erkrankten betagten Menschen einen Wohn- und Lebensort sowie Pflege-, Betreuungs- und Begleitungsleistungen, die ihnen eine möglichst hohe Lebensqualität sichern sollen. Zur Erfüllung dieser Aufgaben sind APH auf geeignete Rahmenbedingungen angewiesen. Diesbezüglich ortet das Expert:innenkomitee in seinem Bericht umfassenden Handlungsbedarf. ARTISET und CURAVIVA unterstützen insbesondere folgende Empfehlungen des Komitees:
Der Bund wird vom Exepert:innenkomitee aufgefordert
- die Pflegefinanzierung nach KVG so anzupassen, dass die zunehmende Komplexität der Pflege angemessen finanziert wird. Die Beiträge der Krankenversicherer sind regelmässig zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Menschen mit Demenz und in Palliativesituationen einen deutlich erhöhten Pflegebedarf haben.
- die Pflegefinanzierung nach KVG so anzupassen, dass eine angemessene Entlöhnung des erforderlichen Pflegepersonals möglich wird.
Die Kantone werden vom Experti:innenkomitee aufgefordert
- die APH als Teil der kantonalen Gesundheitsversorgung zu behandeln.
- die Restfinanzierung so auszugestalten, dass eine qualitativ gute Pflege gewährleistet ist.
- finanzielle Anreize zu schaffen für die Aus- und Weiterbildung der Gesundheitsfachpersonen in APH.
- Versorgungsmodelle mit fest verpflichteten Heimärzt:innen zu entwickeln, welche gewisse Vorgaben bezüglich Qualität, Zusammenarbeit und Präsenz erfüllen und dafür honoriert werden.
Engagement und Forderungen von ARTISET und CURAVIVA
Die Coronapandemie zeigt exemplarisch die mangelnde Wahrnehmung der APH als systemrelevante Branche. Die APH sind zwingend als tragende Pfeiler für eine integrierte Gesundheitsversorgung von Bund, Kantonen und Krankenversicherern anzuerkennen und die strukturell und finanziell mangelhaften Rahmenbedingungen rasch zu beheben. Deshalb engagieren sich ARTISET und CURAVIVA unter anderem
- für den Einbezug der Pflege in die einheitliche Finanzierung der ambulanten und stationären Leistungen gemäss KVG (EFAS).
- für die zügige Umsetzung des 1. Pakets zur Umsetzung der Pflegeinitiative, welches
- den Pflegebedarf von Personen mit komplexen Erkrankungen sowie von Personen, die palliative Pflege benötigen, gesetzlich verankert (KVG, Bund).
- Ausbildungsbeiträge von insgesamt rund einer Milliarde Franken auslöst. Die Kantone sind gefordert, die Bedarfsplanung, Budgetierung und Beantragung der Gelder für die Ausbildungsoffensive schnell anzugehen.
- die Kompetenz des Pflegefachpersonals erweitert, indem dieses gewisse Leistungen neu direkt abrechnen kann.
- für die rasche Veröffentlichung des Vorschlags des Bundesrats für das 2. Paket der Pflegeinitiative. Dieses behandelt vor allem die angemessene Abgeltung von Pflegeleistungen sowie anforderungsgerechte Arbeitsbedingungen.
- für die vollumfängliche Deckung der Restkosten der Pflegeleistungen durch die Kantone und Gemeinden. Gemäss der neuesten SOMED-Statistik sind 60 Prozent der Heime defizitär – ein starkes Indiz für den grossen Handlungsbedarf bei der Finanzierung.
- für genügend Personal in der Pflege, Betreuung und Begleitung; für Interprofessionalität in der Praxis zwischen Pflege- und Betreuungspersonal, Ärzteschaft und Angehörigen; für genügend personelle und finanzielle Ressourcen in der Praxisausbildung für die Nachwuchsförderung und Schaffung von attraktiven Laufbahnen.
Alle Akteure sind gefordert, die Langzeitpflege und -betreuung weiter- und mitzudenken
Die Empfehlungen des Expert:innenkomitees zeigen den seit Langem drängenden strukturellen und finanziellen Handlungsbedarf klar und deutlich auf. ARTISET und CURAVIVA fordern die vom Komitee genannten Akteure auf, jetzt zu handeln. Mit Blick auf den demografischen Wandel und den prognostizierten um die Hälfte steigenden Bedarf in der Langzeitpflege und -betreuung sind Bund, Kantone und Versicherer, aber auch die Verbände und die Institutionen in der Pflicht, weiter zu denken und in die Zukunft zu investieren. Dabei ist das Gesundheitswesen mit seinen Bereichen akut, ambulant, stationär und intermediär als Ganzes zu betrachten. Die Ausgestaltung und die Finanzierung von vielfältigen und durchlässigen Angeboten im Sinne einer integrierten Versorgung sowie die notwendigen Massnahmen zur Deckung des Personalbedarfs stellen eine Herausforderung dar, die nur gemeinsam bewältigt werden kann.