POLITISCHE FEDER | Fachkräfte müssen und dürfen etwas kosten

16.02.2022 Daniel Höchli,
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Die Attraktivität der Berufe im Gesundheits- und Sozialwesen ist für junge Menschen ungebrochen. Trotz der in der Pandemie klar zutage getretenen Belastung in diesen Berufen hat die positive Ausstrahlung der Berufsbilder nicht gelitten.

Sorge bereitet jedoch, dass die Ausstiegsquote aus dem Beruf hoch ist. Dies hat insbesondere mit den Arbeitsbedingungen zu tun. Verbesserungen der Arbeitsbedingungen sind nach ökonomischer Lehre an Produktivitätssteigerungen gebunden. Kann in gleicher Zeit mehr produziert werden, steigen die Einnahmen und kann die Arbeitszeit reduziert oder das Lohnvolumen erhöht werden. Dieser Grundsatz lässt sich nicht auf alle Arbeitsbereiche anwenden.

Die Produktivität einer Shakespeare-Ausführung lässt sich ohne Qualitätseinbusse kaum steigern, ebenso wenig wie jene der Pflege, Betreuung und Begleitung von Menschen mit Unterstützungsbedarf. Das hat Folgen: Um auf dem Arbeitsmarkt konkurrenzfähig zu bleiben, müssen die Arbeitsbedingungen im Gesundheits- und Sozialwesen rascher verbessert werden, als dass die Produktivität steigen kann.

«Die Föderation Artiset wird sich dafür einsetzen, dass mehr Mittel gesprochen werden für eine Ausbildungsofensive und bessere Arbeitsbedingungen.»

Wie der Ökonom William J. Baumol vor über 50 Jahren aufgezeigt hat, führt dies zu einem überproportionalen Wachstum der Dienstleistungskosten im Gesundheits- und Sozialwesen. Und da diese Dienstleistungen zu einem grossen Teil von der öffentlichen Hand finanziert werden, braucht es politische Einsicht in diese Zusammenhänge, damit die Attraktivität der Gesundheits- und Sozialberufe nicht leidet. Das demografisch bedingte Kostenwachstum droht in einen wachsenden Kostendruck auf das Gesundheits- und Sozialwesen umzuschlagen.

Wenn Auftrag und Personalressourcen nicht mehr übereinstimmen, muss «schneller» gepflegt, betreut und begleitet werden. Es entsteht die Situation, in denen Fachkräfte sich gezwungen sehen, entweder ihre Expertise oder ihren Beruf an den Nagel zu hängen.

Mit der Zustimmung zur Pflegeinitiative haben Volk und Stände anerkannt, dass gute Pflege mehr kosten darf. Die Föderation Artiset wird sich dafür einsetzen, dass mehr Mittel gesprochen werden für eine Ausbildungsoffensive und bessere Arbeitsbedingungen. Und dass solche Verbesserungen in allen Berufen erreicht werden, die dazu beitragen, Menschen mit Unterstützungsbedarf ein Leben in Würde zu ermöglichen.

Daniel Höchli, Geschäftsleiter Artiset