POLITISCHE FEDER | Die Behindertenpolitik ist in Bewegung gekommen
Die Welt ist nicht mehr so, wie sie noch vor zwei Jahren war. Der Krieg gegen die Ukraine rüttelt uns und die sicherheitspolitische Ordnung fundamental durcheinander. Und Covid – wenn im Moment auch etwas aus dem Fokus der öffentlichen Aufmerksamkeit verschwunden – hat unsere Gesellschaft nachhaltig verändert.
Unversöhnlichkeit und Entsolidarisierung der Gesellschaft gewichen. Unsicherheit, Ängste und Anspannung wirken sich auf das allgemeine Wohlbefinden aus und schränken die Bereitschaft ein, sich neuen Ideen und Wegen gegenüber offen zu zeigen.
Aber es gibt auch Lichtblicke. Vor acht Jahren hat die Schweiz die UN-BRK ratifiziert. Das Übereinkommen wurde als eines von vielen kleingeredet. Zu Unrecht! Die Wirkung wurde unterschätzt. Heute ist die Behindertenrechtskonvention als richtungsweisend anerkannt. Die volle gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderung ist als Ziel unbestritten. Allein über den Weg zur Erreichung des Ziels gehen die Vorstellungen noch auseinander.
Die Behindertenpolitik in der Schweiz ist in Bewegung geraten. Die Beurteilung des ersten Staatenberichts der Schweiz fiel – milde ausgedrückt – für unser Land wenig schmeichelhaft aus. Es besteht noch grosser Handlungsbedarf. Die Branche hat diesen allerdings früh erkannt und mit einem eigenen Aktionsplan die Umsetzung der UN-BRK in Angriff genommen.
«Natürlich sind in der Schweiz noch nicht alle Ziele der UN-BRK erreicht, doch die Vorwärtsbewegung stimmt.»
Natürlich sind noch nicht alle Ziele erreicht, doch die Vorwärtsbewegung stimmt. Bund und Kantone müssen nun nachziehen und ihre Behindertenpolitik ganz auf die UN-BRK und ihre Bedarfsorientierung ausrichten. Dies führt zu Veränderungen und wird die Dienstleister im ambulanten und im stationären Bereich herausfordern. Richtig so! Bund und Kantone sind gut beraten, für die Neuausrichtung der Behindertenpolitik und ihre Umsetzung Selbstvertreter, Behindertenorganisationen und Leistungserbringer an den Tisch zu holen.
Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung und Erfahrungen bei der Erbringung von Unterstützungsleistungen sollten einfliessen, damit der Leuchtturm UN-BRK auch in unsicheren Zeiten seine Strahlkraft für eine gute Zukunft behält.
Peter Saxenhofer ist Geschäftsführer des Branchenverbands INSOS und Mitglied der ARTISET-Geschäftsleitung.
Foto: esf