KOORDINIERT BETREUEN | Blick in die Zukunft:Betreuung als Service public
Als Babyboomer bin ich mit der Gewissheit aufgewachsen: Wenn sich ein gesellschaftliches Problem stellt, löst es der Sozialstaat. Mit dieser Erwartungshaltung wird die geburtenstärkste Generation auch dem Alter begegnen und Forderungen an Politik und Gesellschaft stellen
Als älterer Mensch werde ich – und mein Umfeld – durch den ganzen Fragilisierungsprozess hindurch begleitet. Zu Hause, im betreuten Wohnen und dann auch im Pflegeheim wird regelmässig abgeklärt, was ich an Betreuung brauche.
Allen Beteiligten ist klar: Gute Betreuung entsteht nur, wenn Angehörige, Professionelle und Freiwillige zusammenwirken.
Eine Stelle koordiniert und hilft, dass ich im richtigen Moment die richtigen Entscheide treffen kann. Diese Stelle ist unabhängig und erbringt selbst keine Betreuungsleistungen. Sie hat aber die nötige Weisungsbefugnis, um zu handeln, wenn sich ein Akteur nicht an Abmachungen hält oder die Qualität nicht stimmt.
Die unbezahlte Sorgearbeit durch die Angehörigen, Nachbarn, Freunde und Freiwilligen bleibt zentral. Damit die Qualität und eine effiziente Organisation der Betreuung sichergestellt werden können, werden die professionellen Strukturen der Caring Communities und der Einsatzorganisationen in der Freiwilligenarbeit gestärkt. So können sie das Matching herstellen, Freiwillige in ihren Einsätzen begleiten und Weiterbildungen anbieten. Entlastungsangebote für die Angehörigen werden ausgebaut, um auch ihre Gesundheit und wirtschaftliche Situation zu schützen.
Wer für ein selbstbestimmtes Leben Betreuung braucht, hat Zugang dazu – egal, ob arm oder reich. Die Hilflosenentschädigung ist zu einer Betreuungsentschädigung umgebaut. Die Leistungsbeträge sind erhöht und die Tarife sozialverträglich ausgestaltet.
Natürlich bleiben bei diesem kurzen Blick in die Zukunft unzählige Fragen offen. Gerade das Finanzierungsthema brennt unter den Nägeln: Die politische Logik lautet eher «Sparen». Doch als Gesellschaft müssen wir bereit sein, Geld für eine gute Betreuung in die Hand zu nehmen, damit die Menschen möglichst lange selbstbestimmt leben und in Würde altern können. Denn wir werden weder genügend Pflegeheime für uns Babyboomer bauen können noch das nötige Personal dafür finden. Die Schritte, die heute gemacht werden, sind noch zaghaft: Doch sie geben Grund zur Zuversicht, dass das Bewusstsein wächst, um etwas richtig Gutes bewerkstelligen können. Es lohnt sich: für den einzelnen Menschen, für seine Angehörigen, für die Mitarbeitenden im Sozial- und Gesundheitswesen, für die Gesellschaft – und damit letztlich auch finanziell.
Carlo Knöpfel, Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW)